Eine Vorbereitung auf das spätere Leben:

Märchenerzählen und Gesellschaftsspiel in der Familie

Ein befreundeter junger Professor und engagierter Familienvater erzählte mir, dass er zu Beginn des Schuljahres immer seine Studenten frage, wem als Kind zu Hause Geschichten erzählt wurden, und wer mit der Familie Gesellschaftsspiele gespielt habe.

Bei den wenigen, welche diese Frage positiv beantworteten, stelle man im Unterricht eine deutlich grössere Konzentrationsfähigkeit und Ausgeglichenheit fest.

Erstaunlich, oder ?

Ich finde nicht. Solche Kinder sind es gewohnt, zuzuhören, und dass man sich Zeit für sie nimmt.

Es ist ja nicht das Märchen an sich, das so wichtig ist, oder das gemeinsame Spiel.

Es ist die ganze Atmosphäre, das Aufeinandereingehen, das Gefühl der Nähe und Geborgenheit im Arm der Mutter oder des Vaters, das dem Kind die innere Kraft und Sicherheit, d.h. das Urvertrauen verleiht, das es so nötig braucht.

Während beim Lauschen eines Märchens, die Fantasie des Kindes beflügelt wird, und es sich die Figuren selbst ausmalt, ist das beispielsweise beim blossen, passiven Ansehen eines Kinderfilms nicht der Fall, da hier die Gestalten fertig dargestellt werden.

Was nun das Gesellschaftsspiel in der Familie betrifft, so bietet es die Möglichkeit spielerisch zu lernen mit seinen Emotionen umzugehen, einen Erfolg zu erleben, oder eine Niederlage zu verkraften. Gleichzeitig gibt es die Gelegenheit empathisch auf die Gefühle der Mitspieler (wie etwa trösten, helfen, ermutigen) einzugehen.

Somit ist dies eine ausgezeichnete Vorbereitung auf das spätere Leben.

Andererseits braucht das Kind aber, um sich optimal zu entfalten, auch eine Zeit für das ungezwungene, freie Spiel, allein, oder mit den Geschwistern, und ohne Einmischung eines Erwachsenen.

Alle diese Zusammenhänge scheinen allmählich den verantwortlichen Politikern zu dämmern.

Im neuesten Analytischen Bericht der Gemeinderatssitzungen* geht nämlich unter dem Kapitel « Schulorganisation » unter anderm die Rede vom « Burn Out » beim Lehrpersonal, auf das Herr Foetz hingewiesen hat (ein Phämomen, über das sich übrigens zunehmend auch die Klagen zahlreicher Erzieher häufen) und den vielen Krankmeldungen.

Colette Mart behauptet, man wolle das Problem an der Wurzel anpacken, und sagt dazu:

« Viele Kinder sind emotional nicht ausgeglichen, weil sie den ganzen Tag in Strukturen verbringen, in der Gruppe funktionieren müssen, oder weil ihre Eltern nicht genügend Zeit haben, zusammen mit ihnen etwas zu unternehmen, sie zu unterstützen, oder ihre Probleme wahrzunehmen. »

Es wäre wirklich an der Zeit, dass die Verantwortlichen für diese Missstände endlich zur Besinnung kämen, um weiteren Schaden durch die rund um die Uhr geförderte Fremdbetreuung unserer Kleinsten, abzuwenden…

Marie-Andrée Faber

19.10.2015

*N.d.l.r.: Stadt Luxemburg

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